Letzter Aufruf für die Mutter - Südkurier 04.07.2012

Rudolf Babeck und Hans Teschner (v.l.) hoffen inständig, dass die Mutter, die ihr Baby am 5. Mai in die Singener Babyklappe gelegt hat, sich noch bis zum Wochenende meldet, um ihr Kind abzuholen. Sie sagen ihr jede Hilfe zu.  Bild: Sabine TescheDa sitzen sie, die beiden Vorsitzenden des Vereins „Widmann hilft Kindern“ und legen noch einmal ihre gesamten väterlichen Gefühle in einen Appell. „Wir sind für Dich da, wir begleiten Dich“, rufen sie der Mutter zu, die irgendwo in Deutschland sein könnte. Aber Rudolf Babek und Hans Teschner hoffen, dass sie oder der Vater des jüngsten Findelkindes den letzten Aufruf vor Ablauf der Frist lesen. Am 5. Mai hatte die Unbekannte ein kleines Mädchen in die Singener Babyklappe gelegt. Wie verzweifelt muss eine Mutter sein, die sich so von ihrem Neugeborenen trennt? Diese Frage haben sich die Vorsitzenden des Kinderhilfsfonds unzählige Male gestellt. Das Mädchen vom 5. Mai ist bereits das dritte Baby in der Babyklappe seit ihrer Inbetriebnahme. Zum ersten Mal wurde der Klappenalarm in der Rettungsleitstelle am 19. Januar 2011 ausgelöst. Damals wurde ein gesunder Junge in das warme Bettchen gelegt. Sein Adoptionsverfahren ist abgeschlossen, nachdem sich die Mutter in acht Wochen nicht gemeldet hatte. Das zweite Kind war am 17. Januar 2012 in der Klappe abgelegt worden. Auch hier fehlt von der Mutter jede Spur. Das Adoptionsverfahren läuft noch.

„Vielleicht haben wir diesmal eine Chance, dass uns die Mutter oder jemand aus ihrem Umfeld hört“, sagt Rudolf Babeck. Er will der Frau mit dem Aufruf zu verstehen geben, dass sie Tag und Nacht auf die Hilfe des Vereins zurückgreifen kann. Beide sind rund um die Uhr unter den Nummern 0172/742 98 58 (Babeck) und 0172/721 57 68 (Teschner) für die Mutter erreichbar. Sie bieten ihr Unterstützung bei Behördengängen sowie finanzielle und materielle Hilfe an. „Wir wollen, dass das Kind behütet bei der Mutter aufwächst“, sind sich die Helfer einig. „Wir können uns auch vorstellen, als Verein eine Patenschaft zu übernehmen.“ In der Entstehungsphase 2008 war die Babyklappe kontrovers diskutiert worden. Teschner und Babeck sagen heute: „Wir stehen zu unserer Babyklappe. Wer weiß, was mit den drei Kindern geschehen wäre, wenn wir die Klappe nicht hätten.“

Der Verein mit 100 Mitgliedern gibt jährlich 50 000 bis 60 000 Euro Projekte zur Förderung benachteiligter Kinder aus. Er finanziert sich aus Spenden.

Standort und Umgebung

Die Regeln

Wird ein Kind in die Babyklappe gelegt, erfolgt ein Signal in der Rettungsleitstelle in Radolfzell. Diese ruft sofort bei der neonatologischen Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik Singen an und bringt das Baby in die Klinik, wo die Erstversorgung und die medizinische Betreuung stattfinden. Die Leitstelle informiert das Kreisjugendamt. Ab dem Zeitpunkt, da ein Neugeborenes in die Babyklappe gelegt wurde, gilt es als vom Jugendamt in Obhut genommen. Es darf ohne Entscheidung des Jugendamtes an keine dritte Person herausgegeben werden. Sollte die leibliche Mutter binne nacht Wochen das Kind nicht zu sich zurückholen, wird das Adoptionsverfahren beim Familiengericht eingeleitet.