Abgegebenes Baby: Mutter kann sich noch melden - Südkurier 07.03.2012

Hans Teschner (links) und Rudolf Babeck schauen durch die Singener Babyklappe. Dem Säugling, der hier vor knapp acht Wochen abgegeben wurde, geht es gut. Morgen wird das Adoptionsverfahren eröffnet – es sei denn, die leibliche Mutter meldet sich doch noch.  Bild: tesche

Morgen ist es exakt zwei Monate her, dass in der Singener Babyklappe ein Säugling abgegeben wurde, die Mutter hat sich seither nicht gemeldet. Am Nachmittag des 8. Januar legte sie ihren frisch, offensichtlich selbst entbundenen Nachwuchs in der Klappe unweit des Singener Klinikums ab. Nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist beginnt das offizielle Adoptionsverfahren. Das heißt, dass das Baby einer Adoptionspflegefamilie übergeben wird, bis dahin lebt es in einer Bereitschaftspflegefamilie. In der Regel ist die Adoptionspflegefamilie nach Abschluss des Verfahrens diejenige, in der das Kind aufwächst. „Wir als Behörde haben uns diese Fri

st gesetzt“, erklärt Kreisjugendamtsleiterin Sabine Senne, „damit die Mutter die Möglichkeit hat, in angemessener Zeit ihr Kind zurückzuholen.“

Für Adoptionsfamilien sei es ein emotionaler Schock, wenn sie das Kind wieder hergeben müssten. Je mehr Zeit vergeht zwischen Abgabe an der Klappe und Eröffnung des Verfahrens, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sich die leibliche Mutter meldet.

Die Betreiber der Babyklappe, Rudolf Babeck und Hans Teschner vom Verein ‚Widmann hilft Kindern in der Region', hoffen, dass sich die leibliche Mutter bis zum morgigen Donnerstag bei ihnen meldet. „Für ein Kind ist es immer am besten, wenn es bei der Mutter aufwächst“, erklärt Babeck, „und wir als Väter der Babyklappe sorgen uns um das Baby."

Sie möchten jedoch unterstreichen, dass das kleine Mädchen, dem es nach SÜDKURIER-Informationen sehr gut geht, beim Jugendamt derzeit optimal aufgehoben ist: „Sabine Senne ist die perfekte Ansprechpartnerin an dieser Stelle.“

Teschner und Babeck versichern, dass der Mutter des Babys keinerlei juristische Probleme drohen, sollte sie sich doch noch melden. „Es gibt keine polizeilichen Ermittlungen oder ähnliches“, sagt Teschner, „denn das Ablegen eines Babys in einer Klappe ist ja keine Straftat. Wir sind ja froh, dass das Baby lebend abgegeben und nicht getötet wurde. Das ist der Grund für die Existenz der Klappe.“ Ihr Verein sichert der Mutter jegliche materielle und finanzielle Unterstützung zu. „Wir stehen mit Rat und Tat zur Verfügung, auch wenn sie anonym bleiben möchte.“ Mit diesem Angebot möchten Teschner und Babeck Verantwortung zeigen.

Babyklappen werden in Deutschland durchaus kritisch gesehen. Gegner befürchten, dass Mütter animiert werden, ihre Kinder abzugeben. „80 Prozent der Menschen in Deutschland halten Babyklappen für sinnvoll“, hält dem Babeck entgegen. Sein Verein will verhindern, dass sich eine ähnliche Tragödie wie Anfang 2009 im Hegau wiederholt: Damals war ein Neugeborenes in einer Plastiktüte bei einer Grillhütte bei Engen-Anselfingen im Wald ausgesetzt worden. Das Mädchen wurde lebend abgelegt, starb aber an Unterkühlung.

Auch nach Ablauf der acht Wochen hat die leibliche Mutter die Möglichkeit, ihr Baby zurückzuholen. Dies wäre jedoch mit größeren bürokratischen Hindernissen verbunden. „Wenn die Gerichtsabläufe in Gang gesetzt werden, die Mühlen der Juristerei anfangen zu mahlen“, so Teschner, „dann wird es sehr kompliziert.“ Dies ist auch als emotionale Schutzmaßnahme für die Adoptiveltern zu verstehen. Ist das Verfahren abgeschlossen, ist dies nicht mehr so einfach möglich.