Erste Babys in den Klappen - Suedkurier.de 22.01.2011

In der vor knapp einem Jahr eröffneten Babyklappe am Singener Krankenhaus wurde nach SÜDKURIER-Informationen erstmals ein Neugeborenes abgelegt, ein Junge. Das Baby ist laut Landratsamt Konstanz gesund und hat die Zeit in der Babyklappe gut überstanden.

Es wurde medizinisch im Hegau-Klinikum Singen betreut und befindet sich nun in Obhut einer Pflegefamilie. Von der Mutter fehlt jede Spur. Die Polizei wurde eingeschaltet. Sie muss gesetzlich in dieser juristischen Grauzone der anonymen Abgabe eines Kindes ermitteln, „will aber nicht, dass die Babyklappe in Misskredit kommt“, wie ein Polizeisprecher gegenüber dieser Zeitung erklärte.

Das Kreisjugendamt Konstanz ist in den Fall eingebunden. Es kümmert sich um die weitere Betreuung des Neugeborenen. Der Junge hat zwar einen Namen, doch dieser bleibt ungenannt, sagt Sabine Senne, die Leiterin des Jugendamtes im Landratsamt. Die Mutter hatte ihrem Kind einen Namen auf einem Zettel hinterlassen, plus einige Vitamintabletten. Die Frau kann das Neugeborene binnen einer 8-Wochen-Frist zurückholen, wenn sie sich anders entscheiden sollte. „Auch danach, bis zu einer formalen Adoption, kann sich die Mutter melden und ihr Kind zurückfordern“, weiß Sabine Senne. Ein solcher Adoptionsprozess könne bis zu einem Jahr dauern.

Seit April 2010 gibt es in Singen diese privat organisierte Babyklappe, bei der verzweifelte Mütter in Notlagen ihr Neugeborenes unbeschadet und ohne rechtliche Konsequenzen abgeben können. Lange haben die Befürworter dieser Einrichtung für die Klappe gearbeitet. Zunächst musste politische Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn die Babyklappen sind umstritten. Es gibt Stimmen, die befürchten, dass solche Klappen manche Mütter erst recht dazu animieren, ihre Kinder abzugeben. Träger der Babyklappe ist der Verein „Widmann hilft Kindern in der Region“. Er hat die Klappe über Spendengelder und Erlöse von Aktionen finanziert. In der Region zwischen Oberschwaben, Bodensee, Tuttlingen und dem Hochrhein wurde Geld gespendet.

Ziel war, dass ein so schrecklicher Fall wie 2009 im Hegau sich nie mehr wiederholen sollte: Ein neugeborenes Kind war in einer Plastiktüte nahe Engen im Wald ausgesetzt worden, von einer unbekannten Mutter. Das Mädchen starb an Unterkühlung. Die Menschen weit über den Hegau hinaus waren fassungslos.

Auch in Lörrach, so wurde gestern bekannt, gab es vor kurzem ebenfalls den ersten Fall an der dortigen Babyklappe. Anfang Januar wurde ein Junge am St.- Elisabethen-Krankenhaus abgegeben. Auf der Däumlingsstation wurde er aufgenommen und versorgt. Es ist ein gesunder Junge, der bis zur Aufnahme in einer Bereitschaftspflegefamilie weiter betreut wurde, hieß es gestern.